Die Saison 2020/21 in der BARMER 2. Basketball Bundesliga ProA ist für die ROSTOCK SEAWOLVES erst sechs Spieltage alt, schon müssen sie ihren ersten Abgang bekanntgeben. Nachwuchsspieler Filip Škobalj wird die Ostseestädter nach der aktuellen Spielzeit verlassen und in die USA ans College wechseln. Der 18-Jährige hat ein Stipendium der University of Illinois at Chicago (UIC) angenommen und wird ab der Saison 2021/2022 neben seinem Studium für die Flames in der NCAA Division I auf Korbjagd gehen.
“Seitdem ich sieben Jahre alt war, hatte ich den Traum, aufs College zu gehen und Basketball zu spielen. Mein Vater hat mir erzählt, dass man in Amerika beides gut miteinander kombinieren kann”, berichtet Skobalj. “Ich will Basketballprofi werden, entweder in Europa oder in der NBA. Für mich ist das College ist ein wichtiger Schritt auf dieser Reise.”
Filip Skobalj spricht diese Worte voller Überzeugung. Doch dieser Schritt war nicht einfach. Er hat lange überlegt. “Es war eine sehr schwere Entscheidung. Soll ich bleiben oder gehen? Ich habe sehr lange nachgedacht, was für mich am besten ist, weil ich mich in Rostock sehr wohl fühle. Es ist für mich eine Heimat geworden. Ich musste die Vor- und Nachteile aufschreiben und sehen, was überwiegt. Die Entscheidung hat sehr lange gedauert und war nicht einfach, aber ich musste sie für meine Zukunft treffen”, erklärt er. “Ich habe dabei viel Unterstützung von meinen Eltern, meinem Bruder und Freunden erfahren.”
Im Sommer 2018 wechselte der 2,02 Meter große Serbe mit seiner Familie aus Schweden nach Deutschland. Sein Vater Milan unterschrieb bei den SEAWOLVES einen Vertrag als Head Coach, Filip galt schon damals als eines der größten Nachwuchstalente Europas. Der serbische Jugendnationalspieler war bei der U19-Bundesligamannschaft der Rostocker sofort Leistungsträger – als damals 16-Jähriger überzeugte er mit 19,8 Punkten und 9,4 Rebounds pro Spiel. Sowohl 2019 als auch 2020 lud der FC Bayern Basketball den kräftigen Flügelspieler ein, um am renommierten adidas Next Generation Tournament (ANGT) teilzunehmen. Beim U19-Turnier der besten Nachwuchstalente Europas überzeugte Skobalj in beiden Jahren und spielte sich in die Notizbücher der Talentspäher. “Schon damals beim ANGT waren Scouts anwesend und haben mit mir über den Weg ans College gesprochen.”
Seitdem kreisten die Gedanken, sein Ziel stets vor Augen. “Ich möchte in der NBA spielen”, erklärt Filip Skobalj selbstbewusst. Die Worte klingen nicht überheblich, sondern wohl überlegt. Er weiß, was er will, wirkt bodenständig und zugleich zielstrebig. Dass er zu besten europäischen Spielern des Jahrgangs 2002 gehört, körperlich wie mental, steht außer Frage. Auf der Website balkanprospects.com, die sich mit den aussichtsreichsten Basketballspielern der Balkanrepubliken befasst, wird der Skobalj auf Platz 21 seines Jahrgangs gelistet (Stand: 20.11.2020).
Entsprechend zäh verliefen die Verhandlungen im Sommer 2020, wie lange Skobalj noch in Rostock bleibt. Letztlich wurde es eine Vereinbarung über ein Jahr. Im Gespräch war auch ein Dreijahresvertrag, um ihn langfristig an den Club zu binden. Nach der Saison 2020/2021 wäre Skobalj dann insgesamt drei Spielzeiten für Rostock aktiv gewesen und hätte so den Status eines Local Players erhalten. Diese seit 2017/2018 geltende Regelung der AG 2. Basketball Bundesliga würde Skobalj dann wie einen Spieler mit deutschem Pass betrachten. Bislang galt der gebürtige Serbe als Importspieler und musste sich seine Spielanteile gegen Konkurrenten wie Jordan Talbert, Grant Sitton oder Rain Veideman erkämpfen. Als Local Player hätte er sich ab der Saison 2021/22 mit den deutschen Profis auf seiner Position um Minuten gestritten. Durch den Weg ans College verfällt der Local Player-Status und auch nach einer Rückkehr von Amerika nach Europa gibt es keine Möglichkeit mehr, dass Skobalj als Local Player gelistet ist.
“Es ist sehr schade, dass wir Filip verlieren. Er ist nicht nur ein hochtalentierter Basketballer, sondern auch ein sehr schlauer Mensch und eine positive Person. Gerade als Local Player ab der kommenden Saison wäre sein sportlicher Wert enorm gestiegen. Seine Entscheidung, den Weg ans College zu gehen, unterstützen wir jedoch voll und ganz. Ich bin mir sicher, dass Filip seinen Weg gehen wird!”, erklärt Manager Jens Hakanowitz.
“Ich will die Saison in Rostock beenden und mein Abitur ablegen”, sagt Skobalj, der sechs Sprachen spricht und zu den besten seines Jahrgangs zählt. “Ich will mich in allen Bereichen verbessern, akademisch wie auch beim Basketball. Ans College zu wechseln, bringt mir die Sicherheit, meine Ausbildung zu beenden und gleichzeitig Basketball zu spielen, denn als junger Spieler ist es sehr schwer, sich in Europa einen Namen zu machen. Ich möchte keine Chance verpassen. Niemand weiß, was die Zukunft bringt. Verletzungen, schlechte Jahre oder Fehler können die Karriere gefährden. Ich möchte einen Plan B als Sicherheit. College-Ausbildung und Division I Basketball sind eine gute Kombination für mich.”
13 US-Hochschulen lockten Skobalj mit einem Stipendium. Am Ende standen nur noch die drei renommierten Programme Georgia Tech, Santa Barbara und die University of Illinois at Chicago auf seiner Liste. “Ich habe nie Colleges angeschrieben, sie alle kamen auf mich zu. Die Colleges haben unter der Woche mehrmals angerufen. Wegen Corona war es schwer, weil niemand zu den Spielen kommen und Dich kennenlernen konnte”, berichtet Skobalj und fügt hinzu: “UIC und deren Coach haben echtes Interesse an mir gezeigt, so dass meine Wahl auf Chicago fiel.”
Im Juli nächsten Jahres plant Filip Skobalj den Schritt über den großen Teich. “Das College liegt in Downtown Chicago”, sagt er. In der Metropole am Lake Michigan leben 2,7 Millionen Menschen, über eine Viertelmillion Einwohner hat serbische Wurzeln. “Ich werde wohl schon vor dem College-Start hinfliegen, um mich an die neue Umgebung zu gewöhnen, die Stadt, die Coaches und Mitspieler kennenlernen.”
Es ist ein Kindheitstraum Skobaljs, ein US-College zu besuchen. Für ihn ist es perfekte Kombination aus Ausbildung, sowohl akademisch als auch sportlich. “Die College-Liga, in der ich spielen werde, ist nicht die höchste, aber einige NBA-Spieler hat diese Liga schon hervorgebracht, wie bspw. Gordon Hayward von den Charlotte Hornets.”
Und wo sieht sich Filip Skobalj in fünf Jahren? “Ich sehe mich, das College zu beenden und dann entweder in der NBA oder in der Euroleague zu spielen. Ich bin da selbstbewusst. Dafür arbeite ich jeden Tag.”
Quelle: ROSTOCK SEAWOLVES
Foto: Andreas Duerst