Flavio Stückemann von den Itzehoe Eagles beendet seine Karriere

Flavio Stückemann als Kapitän auf dem Feld, Patrick Elzie aus Coach – diese Kombination steht für erfolgreichen Basketball. Was bei Rasta Vechta bereits klappte, hat nun auch bei den Itzehoe Eagles funktioniert: Stückemann führte das Team zum Aufstieg in der BARMER 2. Basketball Bundesliga. Doch in der ProA ist er nicht mehr dabei: Nach 18 Jahren hat der 36-Jährige seine Basketball-Karriere beendet. Denn für den Hamburger gibt es andere Schwerpunkte: Die Arbeit als Consultant in der Personaldienstleistung und vor allem die vor wenigen Wochen geborenen Zwillinge Lotta und Henri.

Wann ist die Entscheidung gefallen, nicht mehr zu spielen?

Eigentlich über die Saison aufgrund meiner familiären Bedingungen und aufgrund der Entfernung nach Itzehoe. Dadurch war mir über die Saison schon klar, dass ich aufhöre, unabhängig vom Erfolg. Wenn hier zwei Stunden Training anstanden, war ich vier Stunden unterwegs, mit Brokdorf als Spiel- und Trainingsstätte wird es noch mehr. Das an den Abenden plus ein Vollzeitjob, das kann ich den Leuten um mich herum nicht mehr antun. Wenn man ein bisschen länger frei hat, weiß man erst wieder, was man sich selbst angetan hat und worauf man verzichtet hat – vor allem auf Schlaf. Mit der Entscheidung, tatsächlich ProA zu spielen, müsste ich eigentlich noch mehr aufwenden als zuletzt. Wenn ich statt dessen noch weniger Zeit investiere, kann ich das auch dem Team gegenüber nicht mehr rechtfertigen. Und das auch noch als Kapitän, das passt dann nicht mehr in die Professionalität des Teams, in dem viele Vollprofis und jung sind und keine Familie haben. Selbst wenn es wieder ProB gewesen wäre: Nach zwei Jahren mit Aufstieg ist es nun so langsam mit 36 gut gewesen. Besser werde ich nicht mehr, das muss ich mir eingestehen. Die Kurve würde eher abflachen.

Ist dir die Entscheidung schwer gefallen?

Nein, gar nicht. Aber auch wirklich nur, weil der Aufwand riesig ist mit Vollzeitjob und Kindern. Es gibt Wichtigeres, von daher tut es mir nicht weh. Ich hatte ja auch schon einmal aufgehört, an die Zeit erinnere ich mich auch noch. Gut, dass ich wieder gespielt habe, darüber habe ich mich sehr gefreut. Aber es ist vom Aufwand her nicht mehr machbar, zu spielen und das zu leisten, was in der ProA verlangt wird.

Du hinterlässt natürlich eine Lücke…

Ich habe ein gutes Gefühl dabei, weil wir über die letzten Jahre Jungs wie Erik und Alieu hatten. Bei ihnen ist es an der Zeit, dass sie die Chance bekommen und noch mehr gepusht werden, damit sie die Rolle mit übernehmen und den nächsten Schritt machen.

18 Jahre Basketball-Karriere – was ragt heraus?

2003 meine erste Unterschrift in einem Profiprogramm in Braunschweig war sicher der erste Meilenstein nach dem Angebot von Liviu Calin, der auch der Mentor von Dennis Schröder ist. Unter ihm wurde ich Kapitän der U20-Nationalmannschaft, das war natürlich ein großer Erfolg. Von da ging es in die A2-Nationalmannschaft mit – zum Beispiel – der Universiade in Bangkok oder der Europameisterschaft 2005 in Moskau. Dann hat meine große Verletzung den Rest meiner Karriere geprägt: Ich habe mir den Oberschenkelmuskel abgerissen, als ich in Quakenbrück gespielt habe. Das war eine langwierige Verletzung. Danach bin ich von den Artland Dragons in die 2. Liga nach Karlsruhe. Ich wollte mir beweisen, dass ich auf dem Niveau wieder spielen kann – das hat auch ganz gut geklappt. Danach war mir aber klar, dass ich nicht in der 2. Liga herumtingeln möchte, sondern auch beruflich einen Fuß auf den Boden bekommen möchte. Da kam das Angebot von Pat in Vechta mit dualem Studium als Industriekaufmann und in Betriebswirtschaft. Und die Aufstiege mit Vechta von der ProB in die ProA und dann in die 1. Liga sind ein absolutes Highlight. Pat sagte schon am Anfang der vergangenen Saison: „Wäre es nicht geil, mit dem Aufstieg die Karriere zu beenden?“ Lange, bevor wir alle an das gedacht haben, was passiert ist – da hatte er recht, ist geil (lacht).

Wie kamst du nach Itzehoe?

Ab Mitte 20 habe ich geguckt, welchen beruflichen Weg ich einschlagen werde, dadurch bin ich in Hamburg gelandet. Und über die Kontakte zu Pat in Itzehoe. Das waren auch einschlägige Erlebnisse, weil ich den Sport aus Liebe gemacht habe, und nicht, um den bestmöglichen Profivertrag zu unterschreiben, sondern um hier in der Region anzukommen und zu Hause zu sein.

Wie siehst du die Situation der Eagles jetzt – bereit für die ProA?

Bereit bestimmt noch nicht, weil man nicht weiß, was kommt. Man wächst mit seinen Herausforderungen, das kennt man aus dem Beruf und aus dem Leben – so wie ich gerade mit den Zwillingen zu Hause. Da dachte man auch, man ist bereit, aber die Nächte, die man durchmacht… wenn es ansteht, schafft man es irgendwie, aber man wundert sich doch. So werden auch auf den Verein einige Herausforderungen zukommen, einige schwierige Spiele – aber die werden gemeistert werden, wenn es so weit ist.

Wie geht es für dich weiter?

Ich freue mich sehr, mehr Zeit zu Hause und für die Kinder zu haben. Beruflich geht es in Hamburg weiter, aber ich möchte dem Basketball ganz gern verbunden bleiben. Itzehoe liegt mir am Herzen, ich möchte die Reise gern in irgendeiner Form mitmachen. Wie das aussehen kann, darüber wird man sich noch unterhalten. Es könnte eine Position sein, um meine Erfahrung im Verein einzubringen. Oder ich klickere aus Spaß noch ein bisschen – oder beides. Es ist vieles möglich.

Also auch, dass du den Ball wieder in die Hand nimmst?

Keine Ahnung. Ich habe nicht aufgehört, weil ich unfit, verletzt oder zu alt bin. Die Kleinen sind wenige Wochen alt, ich kann nicht sagen, was mich in drei Monaten reizt, ob ich in der 2. Regionalliga zu sehen bin oder aus Spaß einmal die Woche irgendwo klickere oder nur auf dem Streetballplatz. Ich weiß nicht, worauf ich dann Lust habe – aktuell fehlt es mir nicht. Was zu Hause ist, gibt mir eine Menge.

Noch einmal als Kapitän ein Team wie die Itzehoe Eagles zum Aufstieg zu führen – was war das für ein Gefühl?

Unbeschreiblich. Leider vergisst man auch schnell wieder. Durch die Corona-Bedingungen hatten wir nicht so viele Möglichkeiten, alle gemeinsam zu feiern, gerade auch mit den Fans. Das ist schade. Beim Aufstieg in Vechta gab es einen Straßenumzug, einen Empfang beim Bürgermeister und eine Bierbude an der Halle. Diese Dinge sind hier in kleinem Rahmen passiert – ich hätte mir vorstellen können, dass eine Menge mehr möglich gewesen wäre, weil in der Stadt eine Euphorie herrscht. Aber es war ein voller Erfolg, in meiner sportlichen Karriere ist es der dritte Aufstieg. Ich weiß, was es dem Verein und dem Umfeld bedeutet. Man wird es merken in der kommenden Saison, es wird sich Einiges verändern und professioneller werden.

Quelle: Itzehoe Eagles