SEAWOLVES-Sommerinterview mit André Jürgens und Jens Hakanowitz

Die Saison 2019/20 in der BARMER 2. Basketball Bundesliga ProA endete am 17. März. Die Auswirkungen von COVID-19 hatten ein vorzeitiges Ende des Spieljahres erzwungen, fünf Spiele vor dem Ende der Hauptrunde. Seitdem ist viel hinter den Kulissen passiert. Im großen SEAWOLVES-Sommerinterview sprechen die Geschäftsführer André Jürgens und Jens Hakanowitz über die gegenwärtige wirtschaftliche Situation und geben einen Ausblick auf die kommende Saison.

Wie geht es dem Stammverein EBC Rostock e.V., wie geht es den ROSTOCK SEAWOLVES?

André Jürgens: Wir sind bis zum jetzigen Zeitpunkt mit einem blauen Auge durch die Krise gekommen und blicken mit großer Zuversicht, gepaart von einer ständigen Ungewissheit, in die Zukunft. Unsere Belegschaft mit den vielen hauptamtlichen Trainern befand sich bis zuletzt in Kurzarbeit. Auch Profis hatten im März und April auf einen Teil ihres Gehalts verzichtet.

Ein besonderer Dank geht an die vielen Zuschauer und Fans, die große Verbundenheit gezeigt haben. Sie haben ihre Tickets, die sie schon für die ausgefallenen Spiele gekauft hatten, gespendet. Die Zahl der Fördermitgliedschaften ist in den vergangenen Monaten enorm gewachsen. Viel Solidarität spüren wir auch in unserer großen Spendenaktion für die Jugendarbeit “Dein High Five für den Basketball in Rostock!”; hier befinden wir uns auf der Zielgeraden.

Auch der ständige Austausch und die Unterstützung vom Land, dem Landessportbund und dem Stadtsportbund helfen in dieser Zeit sehr.

Im Namen des gesamten Vereins möchte ich mich herzlich für die große Hilfe bedanken. Damit hatten wir nicht gerechnet. Es zeigt, welche Kraft der Sport hat und dass wir alle gemeinsam und gestärkt aus dieser Krise hervorgehen können.

Jens Hakanowitz: Sehr wichtig sind auch die Gespräche, die wir mit unseren Sponsoren führen. Hier erhalten wir ebenfalls großen Zuspruch und das Signal, dass es weitergeht. Das hätten wir in dieser Form nicht erwartet. Hinzu kommen die finanziellen Unterstützungen von Land und Bund. Das Bündnis Team Sport M-V hat auf Landesebene viel bewegt und auch vom Bund soll der wirtschaftliche Verlust, der durch fehlende Ticket-Einnahmen entsteht, zumindest bis Jahresende kompensiert werden. Diese Mittel helfen uns, unsere Arbeit im gesamten Verein auf dem bisherigen Niveau fortzuführen.

Auch ich sage Danke im Namen des Gesamtvereins bei den Sponsoren, Zuschauern, Mitgliedern, beim Bund, beim Land und unseren Mitarbeitern. Ohne diese zahlreichen Hilfen würde es dem Basketball in Rostock wesentlich schlechter gehen.

Das Bündnis Teamsport MV, das es seit Mai gibt, wurde bereits angesprochen. Sind hier schon Ergebnisse erzielt worden?

André Jürgens: Die Sorgen und Nöte der großen Sportvereine in MV sind im Wesentlichen sehr ähnlich. Der Austausch und die Erfahrungen, welche jeder einzelne Verein in dieser Krise gemacht hat, waren bereits sehr hilfreich.

Zudem haben wir mit einer Stimme unsere Not an das Land herangetragen; so musste nicht jeder allein kämpfen. Dadurch war die Kommunikation, gerade mit dem Sportministerium, sehr effektiv und kurzfristig, so dass bereits jetzt umfangreiche Hilfe vom Land in Aussicht gestellt wurde. Alle Vereine kämpfen momentan um ihre Existenz und wollen die Strukturen am Leben erhalten, damit wir auch in Zukunft noch als Leuchttürme unserer Sportarten in MV strahlen können.

Wir warten voller Ungeduld auf die Rückkehr in die Arenen gemeinsam mit unseren Fans. Wenn das möglich ist, wollen wir auch etwas zurückgeben an unsere Region. Ein gemeinsames Event des Teamsportbündnisses MV ist für 2021 geplant. Die Erlöse sollen dem Breitensport in anderen Vereinen in MV zu Gute kommen.

Wie sieht es im Breitensport aus?

André Jürgens: Im Nachwuchsbereich sind wir bereits vor den Sommerferien wieder in den Trainingsbetrieb zurückgekehrt. Auch der Start in den Wettkampfbetrieb im Leistungs- und Breitensportbereich ist für September in Aussicht gestellt. Dementsprechend planen unsere Trainer, die Saisonvorbereitung nach den Sommerferien zu starten.

Unsere umfangreiche Jugendarbeit in den Schulen und Kindertagesstätten soll ebenfalls nach den Sommerferien zur Normalität zurückkehren. Hier treten wir in engen Austausch mit den Schulen und Kitas, um die Projekte “Basketball macht Schule” und “Wolfis Ballschule” den Auflagen entsprechend anzupassen.

Aktuell finden in der Sportschule Güstrow unsere traditionellen EBC Summercamps für Mädchen und Jungen statt, deren Durchführung in 2020 zwischenzeitlich in große Gefahr geraten war.

Wir bewegen die Jugend und das soll auch in Zukunft so sein! Das umfangreiche Bewegungsangebot für Kinder und Jugendliche liegt uns am Herzen. Wir sehen es als unsere Pflicht, eine sportliche Konstante im Leben der Mädchen und Jungen anzubieten.

Nach dem Saisonabbruch kam es auch bei den SEAWOLVES zu einem der größten Umbrüche der letzten Jahre. Langjährige Spieler wie Martin Bogdanov und Tom Alte oder auch Co-Trainer Andreas Barthel waren betroffen. Ihre Verträge wurden nicht verlängert. Wenn es wieder losgeht, werden wir viele neue Wölfe sehen. Wie kam es dazu?

Jens Hakanowitz: Nach dem Ende der Saison 2019/2020 liefen alle Spieler- und Trainerverträge aus. Dies war unabhängig vom coronabedingten Saisonabbruch.

Wir haben uns relativ schnell mit Coach Dirk Bauermann geeinigt, die Zusammenarbeit fortzuführen. Das gemeinsame, mittelfristige Ziel ist weiterhin der Aufstieg in die 1. Basketball Bundesliga.

Somit ergaben sich für uns maximale Gestaltungsmöglichkeiten für den neuen Kader, sowohl personell als auch finanziell, weil die Coronakrise auch Auswirkungen auf den Transfermarkt hat. Gehälter und Verträge haben sich verändert und wurden an die Gegebenheiten für den Wiederbeginn des Spielbetriebs, ob z.B. mit, ohne oder nur einem Teil an Zuschauern gespielt wird, angepasst. Das bedeutet u.a., dass die neuen Verträge erst acht Wochen vor dem verbindlichen Ligastart wirksam werden.

Dirk Bauermann hatte eine prägende Rolle bei der Zusammenarbeit des Kaders. Dank seines Netzwerks und seiner internationalen Erfahrung konnten wir Spieler verpflichten, die wir sonst nicht auf dem Radar gehabt hätten, wie z.B. Behnam Yakhchali aus dem Iran oder den lettischen Center Ronalds Zaķis. Unser Hauptaugenmerk lag darauf, abweichend zur letzten Saison, Spieler zu verpflichten, die im Jahr davor jeweils eine tragende Rolle in ihren Teams hatten.

Die Verpflichtungen waren auch deshalb möglich, weil diese Spieler an den Standort Rostock wollten und auch bereit waren, Geldeinbußen hinzunehmen bzw. ihre Gehälter der Zuschauersituation anzupassen. Aufgrund dessen und der glücklichen Situation, dass wir durch unsere Sponsoren, unserer Fans und der Unterstützung nicht zuletzt auch aus Schwerin unser Spielerbudget stabil halten konnten, waren wir in der Lage, nominell etwas stärkere Spieler zu verpflichten.

Letztlich werden wir eine neu zusammengestellte Mannschaft haben, die sich erst einmal finden muss. Dafür sehen wir uns mit dem Trainerduo Dirk Bauermann und Christian Held sehr gut aufgestellt.

Ich möchte an dieser Stelle betonen, weil es oft unerwähnt bleibt und für uns extrem wichtig ist, dass wir im Team hinter dem Team auf bewährte Kräfte setzen können: Physio Tom Fischer, Athletiktrainer Janis Kalnins und unsere Teamärzte Johannes Bonacker und Thomas Willert vom Klinikum Südstadt Rostock sind weiterhin dabei.

Was sind die Ziele in der neuen Saison?

Jens Hakanowitz: Das Team ist neu zusammengestellt und muss sich erst finden. Wir haben den Anspruch, erfolgreicher zu sein als im letzten Jahr. Wir wollen in die Playoffs und so weit wie möglich kommen.

Wann geht es endlich wieder los mit Basketball?

Jens Hakanowitz: Die Liga hatte verkündet, dass der Saisonstart auf den 16. Oktober verschoben wurde. Es herrscht ein reger Austausch mit der Liga und den Standorten, ob dieser Termin gehalten werden kann oder ob er noch nach hinten korrigiert wird, denn es macht keinen Sinn für unsere Sportart, ohne Zuschauer zu spielen. Das ist wirtschaftlich nicht tragbar. Der ursprüngliche Plan war, erst dann wieder zu starten, wenn mindestens 50 Prozent der Hallen ausgelastet werden können. Nach der Zusage des Bundes, dass 80 Prozent der fehlenden Ticket-Einnahmen kompensiert werden, hat sich die Situation gebessert. Anfang August werden wir als Liga gemeinsam entscheiden, ob der Starttermin für die neue Saison unter den genannten Bedingungen gehalten werden kann.

Sollte der Saisonstart bestätigt werden, planen wir, am 20. August mit der Saisonvorbereitung zu starten. Es ist ein umfangreiches Testspielprogramm mit zehn bis zwölf Gegnern angedacht, darunter auch der traditionelle “Alles Paletti Cup” Anfang Oktober mit den Erstligisten Hamburg, Chemnitz und Würzburg.

André Jürgens: Wir sehnen uns alle danach, dass es endlich wieder losgeht. Nur können und wollen wir nichts erzwingen und gewissenhaft handeln. Wir haben zum Beispiel ein Hygienekonzept für Basketball in der StadtHalle Rostock entwickelt, das einen Spielbetrieb unter bestimmten Voraussetzungen und mit einer Auslastung von bis zu 50 Prozent gewährleistet. Auch die StadtHalle selbst wie auch die Liga arbeiten aktiv an entsprechenden Konzepten. Es ist sehr wichtig, möglichst vielen Zuschauern wieder den Zugang zum Basketball zu gewähren und dabei die aktuellen Schutzmaßnahmen gegen Corona zu berücksichtigen.

Leider können wir aktuell noch nicht abschätzen, wann es wieder Heimspiele mit Publikum geben wird. Sobald wir das aber wissen und es auch im Detail planen können, werden wir es umgehend mitteilen. Die vielen Dauerkarteninhaber, Vereinsmitglieder und Sponsoren werden wir zuerst platzieren und erst im Anschluss daran den Tageskartenverkauf starten.

Wir hoffen sehr, dass wir bald wieder alle zusammen die überwältigende Stimmung in der Wolfshöhle erleben können. Allein beim Gedanken daran, bekomme ich eine Gänsehaut.

Quelle: ROSTOCK SEAWOLVES